Feurig rot. Geschmacksintensiv. Und wirklich gesund.
Aber wie kam es eigentlich zu diesem Namen?
Ich habe es immer genossen, an andere Orte zu gehen und an anderen Orten zu leben. Oftmals war es eine Flucht von einem Ort zum Anderen - aber das zu verstehen, hat eine Weile gedauert. Meine Jahre im Ausland waren auch immer Jahre der Auseinandersetzung mit meiner eigenen Identität. Ein neuer Ort bedeutete, mich selbst neu kennen-zulernen. Ein neuer Ort bedeutete, mich selbst neu zu erfinden.
An anderen Orten gab es mich noch nicht. Ich fühlte mich frei und unbelastet. Wie eine leere Schachtel, die darauf wartete gefüllt zu werden. Doch auch wenn der Inhalt variabel und austauschbar war - die Hülle blieb immer gleich. Ein Grundkern blieb immer erhalten. Meine eigenen Prägungen überzogen mich wie meine eigene Haut - und die war nicht so leicht austauschbar.
In meinen Jahren in Italien habe ich zumeist - und gar nicht so beabsichtigt - mit anderen Nicht-Italienern und Nicht-Italienerinnen zusammengewohnt; oftmals Personen aus dem nördlichen und östlichen Europa. Natürlich waren wir unter uns verschieden, so wie alle Menschen ihre Unterschiede haben. Allerdings gab es eine Sache, die uns verband: die Lust auf rote Rüben. Wir alle hatten Geschmackserinnerungen aus unserer Kindheit - Rote Rüben als Aufstrich, als Salat, als Suppe - die wir teilen konnten.
Allerdings war es in Italien ein gar nicht so einfaches Unterfangen. Rote Rüben waren nie Bestandteil der italienischen Küche. Und daher war es auch gar nicht so einfach, sie auf Märkten zu finden.
Rote Rüben wurden zu einem unserer Verbindungspunkte. Rote Rüben wurden Teil unseres Zusammenlebens. Sie repräsentierten einen nordischen Anteil unserer Identität, auch wenn wir selbst nicht genau wussten, was das bedeuten sollte. Wir teilten Erinnerungen aus der Vergangenheit und schufen Neue.
Speziell das Zubereiten und der Verzehr von polnischem Borschtsch wurden zu einem wichtigen und zelebrierten Gemeinschaftsmoment. Und da der italienische Name für rote Rüben auch noch besonders gut klang ('la barbabietola rossa') und für etwas stand, was ich mit Gemeinschaft und Identität verband, blieb es auch in Leipzig bei diesem Namen: die Rote Rübe.
Für 4 Personen
1,5 l Gemüsebrühe
2 Zwiebeln
3 Karotten
150 g Petersilienwurzel
700 g Rote Bete
3 EL Butter
2 EL Mehl
2 Lorbeerblätter
1/2 Bund Majoran, fein gehackt
Meersalz, Pfeffer
Rohrohrzucker
1/2 Bund Dill
200 g saure Sahne oder Schmand
3–4 EL Weißweinessig
Gemüsebrühe zubereiten. Zwiebeln schälen und in feine Würfel schneiden. Karotten und Petersilienwurzel schälen und in mittelgroße Würfel schneiden, beiseitestellen. Rote Bete schälen, halbieren und die Hälften achteln.
Einen großen Topf erhitzen, Butter darin zerlassen. Zwiebeln zugeben und für ca. 2 Minuten glasig anschwitzen. Rote Bete hinzufügen und für 3–4 min anbraten. Karotten und Petersilienwurzel zugeben und für ca. 1 min anschwitzen. Alles mit dem Mehl bestäuben und unter stetigem Rühren für weitere 2 Minuten braten. Mit der Gemüsebrühe auffüllen, Lorbeerblätter und Majoran zugeben und mit 1 Prise Salz, Pfeffer und Zucker würzen. Suppe für ca. 20 min bei geringer Hitze köcheln lassen. In der Zwischenzeit Dill fein hacken und unter die saure Sahne rühren. Mit Salz und Pfeffer würzen. Gemüse-Borschtsch mit Weißweinessig abschmecken und vom Herd nehmen. Eintopf mit saurer Sahne oder Schmand servieren.
'' Geschichten müssen erzählt werden oder sie sterben.
Und wenn sie sterben, dann wissen wir nicht mehr, wer wir sind oder warum wir hier sind.''
(Sue Monk Kidd)